Die Semantik des Peitschenknalls – eine kulturgeschichtliche Betrachtung
Die antiken Kulturen waren Sklavenhaltergesellschaften – das ist be-kannt. Bekannt auch, dass das Los von SklavInnen in der Antike sehr verschieden war – vom armen Bergwerkssklaven, der nicht mehr als ein instrumentum cum voce war, bis zu den privilegierten Lehrsklaven aus Griechenland, die in relativ guten Verhältnissen lebten und auf ihre Freilassung hoffen durften.
Die Peitsche als Mittel der Kommunikation zeichnet aus, dass sie mit-tels regulativer nonverbaler Sprechakte unmittelbar verstanden wird und so ihre Wirksamkeit direkt entfaltet. Der Peitschenknall ist das Versprechen eines schmerzhaften Wirksamwerdens als physisches Sanktionsmittel, dessen Vermeidung um den Preis bedingungslosen Gehorsams erkauft werden muss. Zwar sind auf diese Weise komplexe Sachverhalte nicht kommunizierbar, einfache im binären Modus des An-Aus (stopp-los, gehen-stehen, hin-her, u.s.w.) aber umso besser. Die Peitsche ist in diesem Bereich zweifellos ein Mittel maximaler Über-zeugungskraft (Persuasivität).
Sklavenarbeit ist bei uns weitgehend verschwunden, und auch abhän-gig beschäftigte LehrerInnen genießen ein Maß an Freiheit, von dem antike SklavInnen nur träumen konnten. Schon früh aber haben Den-ker wie Foucault davor gewarnt, dies als Vermenschlichung und Hu-manisierung zu verstehen. Aus der Foucauldschen Perspektive liegt hier lediglich eine Verschiebung und Modifizierung vor in Form von Internalisierung ehedem externer Machtfaktoren.
So ersetzt in der Schule der Pausengong die Peitsche und meint immer noch dasselbe: die Beschäftigten und Verpflichteten werden auf hör-bare Weise strukturiert, gelenkt und bestimmt. Unsichtbar aber blei-ben die Machverhältnisse, die sich in den Verhaltensmodi des augen-blicklichen Reagierens und Gehorchens abbilden. So gesehen hat sich nichts geändert. (Aus einem Schulprojekt „Demokratie“)
DEMOKRATIE IST, DEMOKRATIE IST…
Es herrscht immer noch die so verbreitete wie irrige Auffassung, dass Demo-kratie „Herrschaft“ des Volkes bedeute. Neuere Forschungen kommen zu ei- nem anderen Ergebnis.
Wer hätte es nicht bereits in der Schule gelernt und als politisches Axiom verinnerlicht – Demokratie stamme von „Demos“ für „Volk“ „Kratie“ bedeute „Herrschaft“, also sei Demokratie „Herrschaft des Volkes“ und die alten Griechen die Begründer unserer politischen Ordnung.
Leider aber handelt es sich um ein etymologisches Missverständnis: „Die Römer haben Griechenland nicht nur politisch besiegt, sondern auch in der Sprache ihre Spuren hinterlassen, z.T. auch absichtlich ge-setzt“, so Prof. Franz Riesling vom Lingopolitischen Institut der Univer-sität Eltville. Er ergänzt: „Sprache ist Herrschaft – das wussten schon die Römer. Das Morphem `Demo ´, so Riesling, „stammt nicht vom grie-chischen `Demos ´, sondern vom lateinischen `demonstrare´, und das heißt `zeigen´. Demokratie bedeutet somit `Zeigen der Macht´, und ge-meint ist historisch die imperiale Macht der römischen Verwaltung.“
Diese Erkenntnis dürfte auch für die politische Gegenwart von einiger Tragweite sein. „Auch hier herrscht ja im Grunde nicht das Volk, son-dern wird Herrschaft dem Volk demonstriert,“ so Riesling. „Der meist intransparenten Macht der Verwaltung ist die Bevölkerung hier wie dort weitgehend ausgeliefert – da hilft auch ein Kreuzchen in der Wahlkabine alle vier Jahre nur wenig, resümiert Riesling. (Aus einem Schulprojekt „Demokratie“)